Westfalenpost: Kontrolle ist gut, wenn sie unabhängig ist Von Nina Grunsky

Von nichts kommt bekanntlich auch nichts. Vielleicht
ist die Kassenlage auch deshalb derzeit so gut? 28 Milliarden Euro
hatten die gesetzlichen Versicherungen im vergangenen Jahr auf der
hohen Kante – und haben zugleich ihren Beitragszahlern in
Hunderttausenden Fällen Leistungen wie Krankengeld, Reha-Maßnahmen
und Hilfsmittel verweigert. Da mag manchem Patienten die Galle
überlaufen.

Nun ist es aber zweifelsohne die Pflicht der Kassen, insbesondere
angesichts der steigenden Kosten im Gesundheitssystem, zu
kontrollieren, ob das Geld ihrer Mitglieder auch korrekt ausgegeben
wird. Dazu sollten die Versicherungen wohl zuerst sich selbst
gründlich prüfen, dann der Pharma-Industrie auf die Finger schauen.
Doch letztlich müssen sich auch die Patienten Kontrollen und
Nachfragen gefallen lassen. Denn wenn Einzelne Leistungen zu Unrecht
in Anspruch nehmen, werden wohl irgendwann die Beiträge und die
Zuzahlungen für alle steigen. Das vermeintlich dicke Polster von 28
Milliarden Euro könnte nämlich bald durchgesessen sein.

Das allerdings darf keinesfalls dazu führen, dass Patienten mit
Depressionen oder Patienten, die sich vor Schmerzen kaum rühren
können, nach Aktenlage gesund geschrieben oder bedrängelt werden. Wer
krank ist, den wird es wohl kaum heilen, wenn er
Verbraucherberatungen aufsuchen, Widerspruch einlegen, Formulare
ausfüllen oder sich gar vor Gericht wehren muss. Da ist mehr
Feingefühl von den Kassen gefragt. Und vielleicht sollten sie dafür
sorgen, dass niemand mehr den Vorwurf erheben kann, die
Kontrollinstanz und ihre Prüfer seien nicht ganz und gar unabhängig
von den unternehmerischen Interessen der Versicherungen.

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