Westfalenpost: Nicht ohne Eigennutz Von Carsten Menzel

Die Idee der südwestfälischen Industrie- und
Handelskammer, den hoch verschuldeten Städten und Gemeinden in NRW
mit einem Schuldenschnitt einen Großteil ihrer finanziellen Last zu
nehmen, ist sicher nicht ohne Eigennutz entstanden: Die Kammer
vertritt die Interessen der Unternehmen – und die können kein
Interesse an weiter steigenden Abgaben wie der Gewerbe- und
Grundsteuer haben. Aber genau diese Steuern sind häufig die einzigen
Instrumente, mit denen die Kommunen überhaupt noch ihre Einnahmen
erhöhen können. Ganz abgesehen vom Klienteldenken: Es ist
unvorstellbar, dass Banken auf ihre Forderungen gegenüber den Städten
und Gemeinden, die sich Geld geliehen haben, einfach verzichten
werden. Im Übrigen würde ein Erlass die Kommunen auf Jahrzehnte zu
schlechten Kunden machen; das Vertrauen wäre wohl nachhaltig
zerstört.

Das laute Nein zum Kommunal-Soli ist bisher eine typische
Abwehrreaktion auf eine Neuerung. Dabei geht es vielmehr darum, zu
prüfen, ob die Systematik hinter der geplanten Umlage nicht zu
fragwürdigen Ergebnissen führt und tatsächlich mehr Städte ärmer
macht, als es armen Städten hilft. Eine einfache Lösung ist nicht in
Sicht. Dabei bleibt die grundlegende Reform der Kommunalfinanzierung
eine der drängendsten Aufgaben – die bislang alle Parteien nicht
ernsthaft anpacken.

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