Westfalenpost: Spitzenkandidaten-Debatte ist eine absurde Nabelschau Von Harald Ries

Was die Wähler der Grünen sich wünschen, ist
klar: einen Regierungswechsel. Damit die Energiewende gelingt, die
Gesellschaft einigermaßen solidarisch bleibt und der Euro hält. Ob
die Partei dafür die richtigen Rezepte hat, kann man diskutieren.
Muss man aber nicht unbedingt. Denn wenn die Führung so weitermacht,
kommen die Grünen gar nicht in die Verlegenheit, ihre Pläne umsetzen
zu müssen.

Das hätte kein politischer Gegner schöner
erfinden können: Zu einem Zeitpunkt, zu dem das urgrüne Thema
Nachhaltigkeit nicht nur die Umwelt-, sondern auch die Finanzdebatte
bestimmt, zu dem grundlegende Weichenstellungen bevorstehen und die
junge Generation wieder verstärkt Interesse an Politik hat, betreiben
die Grünen eine absurd erscheinende Nabelschau.

Ist Jürgen
Trittin eigentlich noch ein Linker? Dann kann er mit Claudia Roth
kein ausgewogenes Tandem bilden. Der Fundi/Realo-Frau/Mann-Proporz
bliebe im Team mit Renate Künast gewahrt. Aber die hat sich von ihrer
Kandidatur zur Regierenden Bürgermeisterin in Berlin noch nicht
erholt. Und dann ist da noch die durchaus sympathische Katrin
Göring-Eckardt als Ost-Quotenfrau. Die wünscht sich ein Vierer-Team.
Roth will ein Duo und einen Mitgliederentscheid. Trittin würde es
auch alleine machen, wenn er dürfte.

Wie wird das wohl
ausgehen? Problematisch an dieser Frage ist weniger der Streit,
sondern die Tatsache, dass es völlig uninteressant ist.
Spitzenkandidaten braucht nur eine Partei, die den Kanzler stellen
will. So hat sich einst Guido Westerwelle lächerlich gemacht. Die
Grünen haben genügend Prominente, die fürs Programm stehen.
Allerdings seit Jahrzehnten die gleichen.

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