IG BAU lädt MdBs zur Baustellen-Visite ein
Frankfurt am Main – Zur aktuellen Diskussion um die Rente mit 67 erklärt der Bundesvorsitzende der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt, Klaus Wiesehügel Höher, weiter, unverschämter: Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) kennt keine Skrupel, wenn es darum geht, das Renteneintrittsalter höchstbietend in die Schlagzeilen zu hieven. Die Rente mit 70 ist ebenso absurd wie lebensfremd.
Es ist ein abgekartetes Spiel – reine Taktik: Erst die Lebensarbeitszeit in der öffentlich Debatte munter nach oben schrauben – und so politisch den Boden dafür bereiten, dass die Rente ab 67 dann von der Regierung im Herbst festgeklopft werden kann. Frei nach dem Motto: Wer 70 hört, wird irgendwann die 67 schon schlucken. Das Institut der deutschen Wirtschaft macht sich so zum Steigbügelhalter der Regierungspolitik.
Dabei haben beide Zahlen – sowohl die 67 als auch die 70 – mit der Lebensrealität in den körperlich und psychisch belastenden Berufen nichts zu tun: Nicht einmal jeder zehnte Bauarbeiter schafft es, in seinem Job durchzuarbeiten und mit 65 in Rente zu gehen. Bei den Maurern und Polieren, die im vergangenen Jahr in Rente gegangen sind, mussten mehr als 40 Prozent mit einer Erwerbsminderungsrente aus dem Berufsleben ausscheiden, weil sie körperlich kaputt waren. Sie leben im Schnitt von lediglich 643 Euro Rente pro Monat. Viele Bauarbeiter mit Gesundheitsproblemen erreichen allerdings nicht einmal die Erwerbsminderungsrente. Jeder zweite Antrag scheitert an den enorm hohen Hürden, an Gutachtern und Gerichten. Diese Bauarbeiter gehen dann aus der Arbeitslosigkeit, viele mit Hartz IV, in die Rente. Das ist die traurige Renten-Realität in Deutschland.
Dem Institut der deutschen Wirtschaft muss man jedes Verständnis für Menschen absprechen, die körperlich hart arbeiten und es schon heute bis zum regulären Renteneintrittsalter mit 65 Jahren nicht schaffen. Die IW-Forderung ist eine Missachtung der Lebensleistung dieser Menschen. Was das arbeitgebernahe Institut auch nicht verrät: Woher sollen die „Senioren-Jobs“ für Dachdecker, Maurer, Eisenflechter oder Betongießer denn kommen? Welcher Handwerksbetrieb kann es sich bei vier oder fünf Beschäftigten überhaupt leisten, für die ausscheidenden Endfünfziger einen bezahlbaren Job mit Bürostuhl bereitzustellen?
Hier prallen wissenschaftliche Institutsstatistik und Lebenswirklichkeit aufeinander. Die IG BAU lädt alle Befürworter der Rente ab 67 im Deutschen Bundestag zur Baustellen-Visite ein. Jeder soll die Chance haben, an Ort und Stelle mit Bauarbeitern zu sprechen und den Betroffenen in die Augen zu gucken. Keiner soll später sagen können, ihm habe der Realitätsbezug gefehlt. Wer im Herbst über die Fortsetzung der Rente ab 67 debattiert, soll vorher aus erster Hand die Chance haben, zu erfahren, was es heißt, auf dem Bau schuften zu müssen. Wir organisieren den Bau-Besuch. Die Einladung gilt!
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Jörg Herpich
Leiter der Abteilung
Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation
IG Bauen-Agrar-Umwelt
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