Experte Michael Oehme: Bundestag beschließt Honoraranlageberatungsgesetz – mit weitreichenden Folgen

St. Gallen, 05.06.2013 Der Bundestag hat am 25. April den
Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Förderung und
Regulierung einer Honorarberatung über Finanzinstrumente
angenommen. Damit wird die Honorarberatung in Deutschland
erstmals gesetzlich verankert. Durch die Einführung der
geschützten Bezeichnung des Honorar-Anlageberaters im
Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) sowie des Honorar-
Finanzanlagenberaters in der Gewerbeordnung wird für die
Kunden zukünftig transparenter, ob die Dienstleistung der
Anlageberatung durch Provisionen des Produktanbieters oder
nur durch das Honorar des Kunden vergütet wird. Es geht also
um erweiterte Aufklärungspflichten und Transparenz
gegenüber dem Kunden. Der Kunde (Anleger) kann dann
entscheiden, welche Form der Anlageberatung er in Anspruch
nehmen möchte. „Ein Durchbruch“, wie
Kommunikationsexperte Michael Oehme meint, der bereits in
den 90er Jahren das Thema Honorarberatung in Deutschland
bekannt gemacht hat und gemeinsam mit anderen Experten
ein Handbuch hierzu schrieb.

Zur Kontrolle kann der Anleger sich künftig auf der
Internetseite der Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) in einem öffentlich
einsehbaren Register über Honorar-Anlageberater
informieren. Entsprechende Eintragungspflichten bestehen
zudem für Honorar-Finanzanlagenberater bei den von den
Industrie- und Handelskammern geführten zentralen
Registern. Eine Tätigkeit auf Provisionsbasis ist dann zur
Vermeidung von Interessenkonflikten nicht mehr möglich.
Wer als Honorarberater Provisionen erhält, muss diese
unverzüglich und ohne Abzug an seine Kunden weiterreichen.
Für Wertpapierdienstleistungsunternehmen gilt, dass die
Anlageberatung zwar nach wie vor sowohl auf Honorar- als
auch auf Provisionsbasis angeboten werden darf.
Voraussetzung dafür ist allerdings nun, dass die dafür
zuständigen Bereiche organisatorisch, funktional und
personell strikt voneinander zu trennen sind. Damit soll
gewährleistet werden, dass Honorarberater keine
Verkaufsvorgaben erhalten und die Ziele des
Honoraranlageberatungsgesetzes damit verletzt werden.

Die Ziele des Honoraranlageberatungsgesetzes sind klar und
ambitioniert: Durch eine gesetzliche Ausgestaltung der
honorargestützten Anlageberatung soll mehr Transparenz
über die Form der Vergütung der Anlageberatung geschaffen
werden, so dass sich ein Kunde künftig bewusst für die
provisionsgestützte Anlageberatung oder für die nicht-
provisionsgestützte Honorarberatung entscheiden kann. Im
Vordergrund steht die Trennung von Beratung und Verkauf bei
Finanzanlagen. Dem Verbraucher muss im Beratungsgespräch
klar sein, mit wem er es zu tun hat: Mit einem Vermittler, der
vom Verkauf von Finanzprodukten profitiert und für den die
Beratung eine notwendige Vorstufe darstellt oder mit einem
unabhängigen Berater, der nur von der Beratungsleistung
lebt. Sein Honorar ist daher unabhängig vom Verkauf der
Finanzprodukte. Das Honoraranlageberatungsgesetz soll
bereits Mitte 2014 in Deutschland in Kraft treten. Für
Wertpapierdienstleister ist eine organisatorische Trennung von
(provisionsgestützter) Anlageberatung und der Honorar-
Anlageberatung vorgeschrieben. Durch eine Erweiterung der
Bußgeldvorschriften wird zudem eine effektive Durchsetzung
der für die Honorar-Anlageberatung aufgestellten Gebote und
Verbote zusätzlich zu den anderen aufsichtsrechtlichen
Sanktionsmöglichkeiten der Aufsichtsbehörden geschaffen.
Neben diesen Vorgaben im Wertpapierhandelsgesetz an den
Honorar-Anlagenberater wird in der Gewerbeordnung zudem
eine Erlaubnispflicht für die Honorar-Finanzanlagenberater
eingeführt, die nur zu bestimmten Finanzprodukten wie offene
Investmentfonds beraten dürfen. Schließlich soll eine klar
umrissene und eindeutige Berufsbezeichnung dem Kunden
ermöglichen, die mit diesem Gesetz eingeführte qualifizierte
Form der honorarbasierten Anlageberatung zu erkennen und
darauf zu vertrauen, dass die Beratung den gesteigerten
Wohlverhaltenspflichten, die an die Honorar-Anlageberatung
gestellt werden, genügt. Mischmodelle gehören damit der
Vergangenheit an.

Michael Oehme: „Das Gesetz, ist ein zukunftsträchtiger Schritt
in die richtige Richtung – doch die meisten Experten wünschen
sich eine grundlegende Vertiefung und weitere Regelungen.“
Bemängelt wird beispielsweise, dass es bei Banken auch
künftig ein Nebeneinander von Honorar- und
Provisionsberatung geben dürfte. Für Verbraucher sei es
weiterhin schwer, mit der Vielzahl von Begriffen umzugehen
und eine klare Entscheidung zu treffen.