St. Gallen, 16.03.2015. „Den richtigen Weg hat Siemens offenbar noch nicht
gefunden und bleibt im Hinblick auf seine Außendarstellung eher zurückhaltend“,
erklärt Kommunikationsexperte Michael Oehme. Fakt ist: Beim
Technologiekonzern Siemens sackte der Gewinn im ersten Geschäftsquartal
deutlich ab. Sogar der Auftragseingang, der eine Indikation auf künftige Umsätze
gibt, liegt unter dem Vorjahreswert. Zwar stieg der Umsatz, jedoch nur als
Resultat des schwächeren Euro. „Unternehmensintern heißt es, eine veränderte
Zinslage und Schwankungen bei Finanzinstrumenten seien für den Gewinneinbruch
verantwortlich“, so Oehme. Das Quartal riss in die hauseigene
Vermögensverwaltung ein Loch von 123 Millionen Euro.
Vorstandschef Joe Kaeser betonte: „Die meisten unserer Geschäfte haben sich im
Rahmen unserer Erwartungen entwickelt. Die Division Power and Gas benötigt ein
deutlich weitreichenderes Konzept, um längerfristig zu den früheren Margen
zurückzukehren“. Er mahnte auch zusätzliche Anstrengungen im Healthcare-
Bereich an. Deren bisheriger Chef und langjähriger Kaeser-Weggefährte Hermann
Requardt verlässt Siemens zum Monatsende. Kaeser bestätigte bevorstehende
Beratungen mit Arbeitnehmervertretern über die Auswirkungen des
Konzernumbaus. Die Gespräche würden in der kommenden Woche aufgenommen
„mit dem Ziel, konkrete Vereinbarungen zu treffen“.
„Mit Kaeser sollte der radikale Umbruch von Siemens beginnen“, erklärt
Kommunikationsexperte Michael Oehme. Unter anderem sollten im Zuge dessen
die Sektoreneinteilung des Geschäfts gekippt und die Medizintechnik
verselbstständigt werden. Durch die Neuordnung sollten die Kosten denn auch um
eine Milliarde Euro gedrückt werden. „Daher wird seit Monaten über Stellenabbau
diskutiert“, meint Oehme. Der Auftragseingang betrifft die Monate September bis
Dezember und ging um 11 Prozent auf 18,01 Milliarden Euro zurück. Der Umsatz,
dessen Vergleichbarkeit durch Verkäufe und Akquisitionen ebenfalls eingeschränkt
ist, legte um 5 Prozent auf 17,42 Milliarden Euro zu. Zudem berichtete Siemens
erstmals in der neuen Konzernstruktur, in der die Zahl der Divisionen von 16 auf
neun reduziert und die bisherigen vier Sektoren gänzlich eliminiert wurden. „Die
vorgelegten Zahlen verfehlten abgesehen vom Umsatz die Erwartungen des
Marktes“, spekuliert Michael Oehme. Und er behält Recht: Analysten hatten mit
einem Auftragseingang von 19,7 Milliarden Euro, einem Umsatz von 17,16
Milliarden Euro und einem Profit im Industriegeschäft von 1,85 Milliarden Euro
gerechnet. Unternehmensintern heißt es, es hätte vor allem Probleme mit der
Qualität der Produkte gegeben. So hat Siemens beispielsweise durch den neuen
ICE fast eine Milliarde Euro Verlust eingefahren. „Ein Ruhmesblatt ist das in der
Tat nicht“, meint Kommunikationsexperte Oehme.