St. Gallen, 11.05.2015. Der graue Kapitalmarkt hat in den vergangenen Jahren
einen Imageschaden erlitten. Tausende Kleinanleger haben ihre Ersparnisse
verloren und die Liste der Finanzdienstleister, die ihre windigen Versprechen nicht
gehalten haben, ist lang. Nun hat der Deutsche Bundestag das sogenannte
Kleinanlegerschutzgesetz verabschiedet, welches Anlegern künftig mehr Sicherheit
prophezeit: „Verbraucher sollen durch das Kleinanlegerschutzgesetz transparentere
und vor allem verständlichere Informationen über Produkte des Grauen
Kapitalmarktes erhalten“, erklärt Kommunikationsexperte Michael Oehme. Des
Weiteren könnte es auch zu schärferen Sanktionen kommen.
Zudem wurden im aktuellen Gesetzestext 16 Änderungsanträge des
Finanzausschusses (Bundesdrucksache 18/4708) berücksichtigt. Ziel ist die
Verbesserung der Zugänglichkeit und Aktualität von Anlageprospekten im Sinne
des Verbraucherschutzes. So müssen die Prospekte alle zwölf Monate überarbeitet
und aktualisiert werden. „Dies hat den Hintergrund, die Erfolgsaussichten eines
Finanzproduktes regelmäßig auf den neuesten Stand zu bringen und abschätzen zu
können“, so Michael Oehme weiter. Was die Bundesregierung jedoch nicht
realisierte: Das geplante Verbot oder zumindest die starke Beschränkung von
Werbung. Die einzige Voraussetzung ist ein sichtbarer Warnhinweis mit der
Aufschrift: „Der Erwerb dieser Vermögensanlage ist mit erheblichen Risiken
verbunden und kann zum vollständigen Verlust des Vermögens führen.“ Ob die
Verbraucher durch diese Maßnahmen – ähnlich wie bei Rauchern und den
Warnsignalen auf Zigarettenschachteln – vorsichtiger werden, bleibt fraglich. Eine
Nische und Ausnahme bilden sehr kurze Bewerbungen in elektronischen Medien,
die weniger 210 Schriftzeichen haben. Hier genügt ein „Warnhinweis“-Link.
Des Weiteren weist Michael Oehme darauf hin, dass es größere Spielräume als
ursprünglich vorgesehen für Crowdfunding-Projekte geben wird. Bei der
sogenannten Schwarmfinanzierung muss nun erst ab 2,5 Millionen Euro ein
Anlageprospekt ausgehändigt werden – ursprünglich war dies ab eine Million Euro
geplant. Voraussetzung ist dabei die Aushändigung eines Vermögensanlagen-
Informationsblattes (VIB) für diese Geldanlagen. Auch bleiben soziale Projekte
und bestimmte Genossenschaftsmodelle weitgehend unreguliert.
Weitere Befugnisse erhält die Bundesanstalt für Finanzaufsicht (BaFin). Auf der
eigenen Website darf sie künftig im Fall von Verstößen Maßnahmen und
Bußgeldentscheidungen veröffentlichen. Bei Bedrohung des Anlegerschutzes oder
Gefahren für das Funktionieren oder die Integrität der Finanzmärkte kann sie den
Vertrieb bestimmter Finanzprodukte beschränken oder gar untersagen. „Das
Kleinanlegerschutzgesetz greift künftig bei weiteren Beteiligungsformen wie
Genussrechten, Nachrangdarlehen, Namensschuldverschreibungen und
Direktinvestments“, erklärt Kommunikationsexperte Oehme. Ein Vertrieb ist nur
noch mit einer 34f-Zulassung gestattet.
Schließlich wird das Gesetz von Oppositionsparteien teilweise kritisiert: Dass
Unternehmen „nur“ zu einem Bußgeld verpflichtet werden, wenn sie gegen das
Gesetz verstoßen, aber nicht zur Rückabwicklung der Kundengelder, erzeugt
Unverständnis auf Oppositionsseite. Mit einen reinen Bußgeld für die Anbieter sei
„keinem geprellten Kleinanleger geholfen“. Ob in so einem Fall aber überhaupt
noch etwas zu holen sein wird, ist sich Michael Oehme unsicher.